Der Mediziner Heiko von der Leyen ist der Mann der Mutter der Nation – und außerdem ein recht erfolgreicher Manager
Das Büro auf dem Gelände der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist betont nüchtern eingerichtet. Grauer Teppich, Laptop, viele Papiere auf dem Schreibtisch. Als einziger Farbtupfer hängt eine Collage an der Wand mit Fotos von sieben Kindern und einer lieben Ehefrau. Eine der Töchter hat das Kunstwerk über die Familie dem Vater gebastelt. Der Büroinhaber sitzt hier nur, wenn es notwendig ist. Er ist viel unterwegs oder arbeitet von zu Hause aus – auch um möglichst viel Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen.
Heiko von der Leyen ist der Mann der Mutter der Nation. Er ist Ministergatte, Medizinmanager, Familienvater. Der 51-Jährige lebt das Modell, das seine Frau, die Bundesfamilienministerin, seit Monaten in Talk-Shows, Interviews und Vorträgen predigt: Engagement in der Familie und im Job. Nur sprechen wollte er bislang nicht darüber, denn der Mediziner vesteht sich nicht als Anhängsel einer prominenten Frau.
Wortkarg und genervt lässt er lästige Homestorys im heimischen Sehnde nahe Hannover über sich ergehen. Kein einziges persönliches Statement findet sich von ihm, nirgends formuliert er Stolz über die erfolgreiche Gattin oder plaudert private Geheimnisse aus – so wie es viele Ehefrauen von Politikern tun. Neben dem verschwiegenen Merkel-Ehemann, dem Chemieprofessor Joachim Sauer, gilt Heiko von der Leyen als zweites Phantom unter den Partnern der Berliner Regierungstruppe.
Von der Leyen besitzt eine genaue Vorstellung davon, wie Männer heute sein sollten. Er mag keine „alten Männer“. Damit meint er nicht Geschlechtsgenossen fortgeschrittenen Alters, sondern Typen mit einem antiquierten Familienbild. Solche, die glauben, Mutti gehöre an den Herd und Vati müsse die Kohle ranschaffen. So ein Denken löst bei dem sonst eher zurückhaltenden Wissenschaftler Verärgerung aus.
Diese Kerle hat auch seine prominente Frau zu ihren Gegnern erklärt. Ursula von der Leyen träumt vom emanzipierten Mann, von einem, der Ernährer sowie Erzieher seiner Kinder sein möchte. Dem modernen Mann soll ein Karrieresprung mindestens genauso wichtig sein wie die Gute-Nacht-Geschichte. Solche Männer – so findet jedenfalls Merkels Fachfrau für Familiäres – gebe es bisher zu wenige im Land. Auch in ihrer Partei, der CDU, glaubt manch einer immer noch, Windeln wechselnde Väter, die für den häuslichen Einsatz freiwillig den Arbeitsplatz verlassen, seien Weicheier. „Alte Männer“, würde Heiko von der Leyen sagen.
Über Politik spricht von der Leyen ungern, viel lieber redet er von seiner Firma. „Das Modell lernt fliegen“, sagt der drahtige Mann mit dem schütteren Haar zufrieden. Er trägt einen Anzug und grüne Krawatte zu blauem Hemd. Business-Kleidung eben. Konzentriert, aber leidenschaftlich berichtet er von seiner Idee, die in der deutschen Universitätslandschaft „einmalig“ sei.
Der Professor aus Hannover bringt Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Pharmafirmen müssen etliche klinische Studien durchführen, um die Zulassung für ein neues Medikament zu erhalten. Diese überaus aufwändige Arbeit sollen Experten der MHH übernehmen und sich die Dienstleistung von der Industrie bezahlen lassen. „Bislang werden die meisten neuen Präparate im Ausland getestet“, erzählt von der Leyen, „dabei haben wir hier auch das entsprechende Know-how dafür.“
Neben dem medizinischen Fachpersonal sei vor allem der Patienten-Pool für die Pharmaunternehmen interessant. Die MHH kooperiert mit 54 Krankenhäusern in Niedersachsen und betreut rund 319000 Patienten pro Jahr. „Da finden sich für fast jede Krankheit genügend Patienten, die an klinischen Prüfungen teilnehmen wollen“, glaubt von der Leyen. Angst, als menschliches Versuchskaninchen missbraucht zu werden, müsse niemand haben. „Die Patienten sollen ja gerade von den Ergebnissen der klinischen Forschungen profitieren, besonders diejenigen mit bisher unzureichend therapierbaren Erkrankungen.“
Um das Geschäft mit Pharmafirmen und Patienten anzukurbeln, gründete die Hochschule gemeinsam mit Partnern vor einem Jahr das Hannover Clinical Trial Center (HCTC). Geschäftsführer ist Heiko von der Leyen, der seinen Job als „Verknüpfen einer Dienstleistung“ versteht. Die rund 400000 Euro, die er als Anschubfinanzierung aus staatlichen Fördertöpfen erhielt, will er bald zurückzahlen. In den vergangenen Wochen habe er Aufträge von mehreren 100000 Euro an Land gezogen, etwa für größere Impf- und Gentherapie-Studien.
Der Erfolg macht ihn stolz. Denn als von der Leyen den Geschäftsführerposten antrat, kursierten üble Gerüchte. Seine Frau habe ihm den Job zugeschanzt, hieß es damals, weil ihn die Rolle des Hausmanns zunehmend frustriert habe. Dabei hat er – anders als seine Gattin – nie eine familiäre Auszeit genommen, sondern stets gearbeitet.
Anfangs war es Heiko von der Leyen, der die Familie ernährt und kaum gesehen hat. Nach der Geburt von David, heute 19 Jahre alt, blieb Ehefrau Ursula, ebenfalls Medizinerin, zu Hause. Als Assistenzarzt in der MHH-Kardiologie schuftete von der Leyen von morgens bis in die Nacht. Der Sohn eines Kinderchirurgen war damals noch keineswegs der aktive Vater von heute. Das änderte sich erst in Kalifornien.
Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglichte ihm 1992 einen Forschungsjob an der US-Elite-Uni Stanford. Dort leitete er eine Gentherapie-Gruppe, und dort begeisterte er sich für die amerikanische Lebensweise. Er entdeckte, dass die Kollegen – anders als in Deutschland – es honorieren, wenn sich Väter nicht nur im Labor engagieren. Die vier Jahre in Stanford hätten ihn stark geprägt, sagt er und fügt an: „Ohne Kinder wären wir wohl dort geblieben.“
Seit dem US-Aufenthalt muss ihn seine Frau nicht mehr bekehren. Elterngeld und Vätermonate sind für Heiko von der Leyen längst überfällige Selbstverständlichkeiten. Bei Bewerbungsgesprächen betont er stets das familienfreundliche Betriebsklima. Ihm sei es weitgehend egal, ob seine zehn Angestellten im Büro oder zu Hause sitzen. Hauptsache, die Arbeit werde erledigt.
In seiner Firma warnte ihn anfangs der Hausmeister vor dem Kindergarten im Erdgeschoss: „Es kann da leider schon mal ein bisschen lauter werden.“ Prompt konterte von der Leyen: „Da sind Sie bei mir an den Falschen geraten. Kindergeschrei ist doch etwas Herrliches.“
Heiko von der Leyen ist der Mann der Mutter der Nation. Er ist Ministergatte, Medizinmanager, Familienvater. Der 51-Jährige lebt das Modell, das seine Frau, die Bundesfamilienministerin, seit Monaten in Talk-Shows, Interviews und Vorträgen predigt: Engagement in der Familie und im Job. Nur sprechen wollte er bislang nicht darüber, denn der Mediziner vesteht sich nicht als Anhängsel einer prominenten Frau.
Wortkarg und genervt lässt er lästige Homestorys im heimischen Sehnde nahe Hannover über sich ergehen. Kein einziges persönliches Statement findet sich von ihm, nirgends formuliert er Stolz über die erfolgreiche Gattin oder plaudert private Geheimnisse aus – so wie es viele Ehefrauen von Politikern tun. Neben dem verschwiegenen Merkel-Ehemann, dem Chemieprofessor Joachim Sauer, gilt Heiko von der Leyen als zweites Phantom unter den Partnern der Berliner Regierungstruppe.
Von der Leyen besitzt eine genaue Vorstellung davon, wie Männer heute sein sollten. Er mag keine „alten Männer“. Damit meint er nicht Geschlechtsgenossen fortgeschrittenen Alters, sondern Typen mit einem antiquierten Familienbild. Solche, die glauben, Mutti gehöre an den Herd und Vati müsse die Kohle ranschaffen. So ein Denken löst bei dem sonst eher zurückhaltenden Wissenschaftler Verärgerung aus.
Diese Kerle hat auch seine prominente Frau zu ihren Gegnern erklärt. Ursula von der Leyen träumt vom emanzipierten Mann, von einem, der Ernährer sowie Erzieher seiner Kinder sein möchte. Dem modernen Mann soll ein Karrieresprung mindestens genauso wichtig sein wie die Gute-Nacht-Geschichte. Solche Männer – so findet jedenfalls Merkels Fachfrau für Familiäres – gebe es bisher zu wenige im Land. Auch in ihrer Partei, der CDU, glaubt manch einer immer noch, Windeln wechselnde Väter, die für den häuslichen Einsatz freiwillig den Arbeitsplatz verlassen, seien Weicheier. „Alte Männer“, würde Heiko von der Leyen sagen.
Über Politik spricht von der Leyen ungern, viel lieber redet er von seiner Firma. „Das Modell lernt fliegen“, sagt der drahtige Mann mit dem schütteren Haar zufrieden. Er trägt einen Anzug und grüne Krawatte zu blauem Hemd. Business-Kleidung eben. Konzentriert, aber leidenschaftlich berichtet er von seiner Idee, die in der deutschen Universitätslandschaft „einmalig“ sei.
Der Professor aus Hannover bringt Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Pharmafirmen müssen etliche klinische Studien durchführen, um die Zulassung für ein neues Medikament zu erhalten. Diese überaus aufwändige Arbeit sollen Experten der MHH übernehmen und sich die Dienstleistung von der Industrie bezahlen lassen. „Bislang werden die meisten neuen Präparate im Ausland getestet“, erzählt von der Leyen, „dabei haben wir hier auch das entsprechende Know-how dafür.“
Neben dem medizinischen Fachpersonal sei vor allem der Patienten-Pool für die Pharmaunternehmen interessant. Die MHH kooperiert mit 54 Krankenhäusern in Niedersachsen und betreut rund 319000 Patienten pro Jahr. „Da finden sich für fast jede Krankheit genügend Patienten, die an klinischen Prüfungen teilnehmen wollen“, glaubt von der Leyen. Angst, als menschliches Versuchskaninchen missbraucht zu werden, müsse niemand haben. „Die Patienten sollen ja gerade von den Ergebnissen der klinischen Forschungen profitieren, besonders diejenigen mit bisher unzureichend therapierbaren Erkrankungen.“
Um das Geschäft mit Pharmafirmen und Patienten anzukurbeln, gründete die Hochschule gemeinsam mit Partnern vor einem Jahr das Hannover Clinical Trial Center (HCTC). Geschäftsführer ist Heiko von der Leyen, der seinen Job als „Verknüpfen einer Dienstleistung“ versteht. Die rund 400000 Euro, die er als Anschubfinanzierung aus staatlichen Fördertöpfen erhielt, will er bald zurückzahlen. In den vergangenen Wochen habe er Aufträge von mehreren 100000 Euro an Land gezogen, etwa für größere Impf- und Gentherapie-Studien.
Der Erfolg macht ihn stolz. Denn als von der Leyen den Geschäftsführerposten antrat, kursierten üble Gerüchte. Seine Frau habe ihm den Job zugeschanzt, hieß es damals, weil ihn die Rolle des Hausmanns zunehmend frustriert habe. Dabei hat er – anders als seine Gattin – nie eine familiäre Auszeit genommen, sondern stets gearbeitet.
Anfangs war es Heiko von der Leyen, der die Familie ernährt und kaum gesehen hat. Nach der Geburt von David, heute 19 Jahre alt, blieb Ehefrau Ursula, ebenfalls Medizinerin, zu Hause. Als Assistenzarzt in der MHH-Kardiologie schuftete von der Leyen von morgens bis in die Nacht. Der Sohn eines Kinderchirurgen war damals noch keineswegs der aktive Vater von heute. Das änderte sich erst in Kalifornien.
Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglichte ihm 1992 einen Forschungsjob an der US-Elite-Uni Stanford. Dort leitete er eine Gentherapie-Gruppe, und dort begeisterte er sich für die amerikanische Lebensweise. Er entdeckte, dass die Kollegen – anders als in Deutschland – es honorieren, wenn sich Väter nicht nur im Labor engagieren. Die vier Jahre in Stanford hätten ihn stark geprägt, sagt er und fügt an: „Ohne Kinder wären wir wohl dort geblieben.“
Seit dem US-Aufenthalt muss ihn seine Frau nicht mehr bekehren. Elterngeld und Vätermonate sind für Heiko von der Leyen längst überfällige Selbstverständlichkeiten. Bei Bewerbungsgesprächen betont er stets das familienfreundliche Betriebsklima. Ihm sei es weitgehend egal, ob seine zehn Angestellten im Büro oder zu Hause sitzen. Hauptsache, die Arbeit werde erledigt.
In seiner Firma warnte ihn anfangs der Hausmeister vor dem Kindergarten im Erdgeschoss: „Es kann da leider schon mal ein bisschen lauter werden.“ Prompt konterte von der Leyen: „Da sind Sie bei mir an den Falschen geraten. Kindergeschrei ist doch etwas Herrliches.“
Quelle: Focus
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